Der Situationsplan – Quo vadis?
«Dem Baugesuch ist ein Situationsplan beizulegen» - so oder ähnlich wird dies in allen Kantonen und Gemeinden unseres Landes durch die Baubewilligungsbehörden verlangt. Doch was beinhaltet dieser Plan, welchem Zweck dient er und was sind die rechtlichen Anforderungen?
Dieser Beitrag richtet sich in diesem Kontext auf die aktuelle und zukünftige «Reise» des Situationsplanes im Baugesuchsverfahren und macht dazu einige Anregungen.
Zuerst zur Frage der Herkunft und Inhaltes des Situationsplanes
Im Baugesuchsverfahren wird in der Regel ein beglaubigter Situationsplan verlangt. Die Beglaubigung bezweckt eine amtliche Bescheinigung der Richtigkeit des Planinhaltes. Diese Beglaubigung erfolgt durch den zuständigen Nachführungsgeometer in Form einer Unterschrift auf dem Situationsplan.
Für das Baugesuch relevant sind auch sämtliche öffentlich- rechtlichen und privat-rechtlichen Beschränkungen. Dies sind insbesondere Baulinien (Strassen-, Gewässer, Waldbaulinien), Zonengrenzen und Abstände zu Strassen, Grenzen und Gebäuden.
Der Situationsplan ist ein wichtiger Bestandteil der Baueingabe. Darin sind u. a. die Stellung und die Abstände der projektierten Bauten und Anlagen zu den Grundstücksgrenzen und den benachbarten Bauten und Anlagen, sowie Elemente öffentlich-rechtlicher Eigentumsbeschränkungen (ÖREB) enthalten.
Abb. Situationsplan mit eingezeichnetem Bauprojekt
Welchem Zweck dient der Situationsplan zum Baugesuch?
Die rechtlichen Anforderungen
Als Beispiel im Kanton Baselland, § 87 der Raumplanungs- und Bauverordnung (RBV) Abs. 2 heisst es:
Dem Baugesuch sind beizulegen: a. ein höchstens ein halbes Jahr alter datierter Originalsituationsplan des zuständigen Nachführungs-Geometerbüros. … und e. die Kopie des Situationsplanes mit eingezeichnetem Projekt, Grenzabstandspolygon, Baulinien, Fixpunkt, EG-Kote, Nordpfeil, Strassenname oder Flurbezeichnung in 4-facher Ausfertigung;
Im Kanton Basel-Stadt finden sich detaillierte Angaben in den Ausführungsbestimmungen zur Bau- und Planungsverordnung (ABPV), in §23 heisst es:
Dem Baubegehren ist das Dokument «Situationsgrundlagen für Baugehren» des Grundbuch- und Vermessungsamtes im Original, Ausdruck maximal 3 Monate alt, beizulegen. Auf diesem Dokument dürfen keine Eintragungen vorgenommen werden.
Und in § 24: Jedes Gesuchsdossier muss eine Kopie des Situationsplanes aus den Situationsgrundlagen enthalten, auf welchem das projektierte Bauvorhaben eingezeichnet ist und vermasst sein muss.g auswirkte.
Situationsplan und ÖREB-Kataster
Der Plan für das Grundbuch (Daten der amtlichen Vermessung) bilden die Referenzdaten des ÖREB-Katasters. Die Trennlinie zwischen dem Grundbuch und dem Kataster der öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen (ÖREB-Kataster) betreffend öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen ist in der Praxis nicht (oder noch nicht) so genau definiert. Gemäss Angaben auf cadastre.ch (Eidg. Vermessungsdirektion) wird im Einzelfall (mit individuell-konkreten Rechtsakten) zwischen angeordneten öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen (z.B. belastete Standorte) und den Eigentumsbeschränkungen, die sich aus Allgemeinverfügungen oder als Beschlüsse (z.B. Gemeindebaureglement) für einen bestimmten Perimeter ergeben, differenziert.
Abb. Abgrenzung von ÖREB-Kataster und Grundbuch (cadastre.ch)
Abb. Ausschnitt ÖREB-Kataster – Kommunale Baulinien Parz. 2239
Abb. Auschnitt beglaubigter Situationsplan – Vermassung der Baulinenabstände Parz. 2239
Aktuelle Entwicklungen in den Kantonen
Etliche Kantone sind bereits an der Einführung eines vollständig digitalen Baugesuchprozesses oder machen sich konkrete Überlegungen dazu. Dabei wird auch der Prozess einer digitalen Beglaubigung oder Richtigkeitsbestätigung entwickelt. Bis dahin wird in den meisten Fällen am analogen beglaubigten Situationsplan festgehalten.
Ausblick und Anregung
Automatisch erstellten Auszügen aus den digitalen Webportalen fehlt aber die Verbindlichkeit und die Rechtskraft. Es kann nicht verhindert werden, dass Diskrepanzen im Planinhalt aus Nachführungs- und / oder Uploadfristen entstehen (technisch oder verfahrensbedingt). Die Grunddaten der Amtlichen Vermessung und des ÖREB-Katasters stehen heute den Gesuchstellern zur freien Bearbeitung zur Verfügung. Dies vereinfacht und unterstützt deren Abläufe. Es kommt aber auch vor, dass im Zuge der Projektdarstellung wichtige Planinhalte verloren gehen oder auch verändert dargestellt werden (versehentlich oder bewusst). Das Beibringen der rechtskräftigen Situation oder die Richtigkeitsbestätigung der Grundlagen und Abstände schliesst diese Fehlerquelle aus und wahrt die Rechtssicherheit.
Abb. Folge einer Baubewilligung ohne beglaubigten Situationsplan und Richtigkeitsbestätigung
Die digitalen Prozesse halten weiter Einzug. Entsprechend ist auch der digitale Projektierungs- und Baugesuchsprozess aufeinander abzustimmen. In diesem Kontext ist sicherzustellen, dass weiterhin vollständige, geometrisch korrekte und rechtsgültige Daten erfasst und unabhängig geprüft werden. Die gesetzlichen Grundlagen und Weisungen sind in diesem Sinne anzupassen und konsequent einzuhalten.
Text: Fabian Frei