Arlesheim entwickelt sich
Arlesheim ist ein Dorf mit besonders hohen Qualitäten des Siedlungsraums und des Dorfbildes. Planer müssen bei räumlichen Veränderungen behutsam damit umgehen. Fabian Frei und Victor Holzemer haben sich mit René Häner (Leiter Raumplanung, Bau und Umwelt der Gemeinde Arlesheim) über die gemeinsam erarbeitete Ortsplanrevision und die Weiterentwicklung der Baselbieter Gemeinde unterhalten.
Herr Häner, die Gesamtrevision der Zonenplanung Siedlung wurde kürzlich vom Regierungsrat genehmigt. Welchen wesentlichen Nutzen bringt die Ortsplanungsrevision der Gemeinde?
Wir wollten der zeitgemässen Architektur entgegenkommen. In den alten Vorschriften gab es Regelungen, beispielsweise zu Dachaufbauten. Die heutige Architektur hat diesbezüglich andere Vorstellungen: Von zehn Neubauten haben heute acht ein Flachdach. Die neue Regelung berücksichtigt dies. In den alten Vorschriften war ebenfalls die Wohnform mit einer festgelegten Anzahl Wohnungen pro Baukörper eingeschränkt. Heute sollen mehr Wohneinheiten, zum Beispiel in Alterswohnungen, möglich sein. Hinzu kommt das Markenzeichen Arlesheims, die starke Durchgrünung. Vom Räbhüsli aus ist das gut sichtbar. Die Durchgrünung soll unter dem Druck der Verdichtung erhalten bleiben. Dies wurde mit der Einführung einer Grünflächenziffer für die gesamte Wohnzone umgesetzt. Diese Regelung ist im Kanton Basel-Landschaft noch nicht sehr oft anzutreffen. Das sind die besonderen Mehrwerte der Ortsplanungsrevision.
René Häner (l) mit Fabian Frei und Victor Holzemer
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit dem Raumplanungsbüro?
Wir haben für die Ortsplanungsrevision uns vertraute, ortskundige Fachkompetenzen gesucht und deshalb Raumplanung Holzemer eingeladen. Rückblickend war der Prozess sehr zufriedenstellend, weil wir durchgehend kompetenten Support hatten. Die Anzahl Besprechungen war schlussendlich fünf mal so gross wie ursprünglich angedacht, weil wir gemerkt haben, dass es die Bearbeitung der Themen wirklich braucht. Die Vorbereitungen und Abklärungen dazu sind durch Raumplanung Holzemer erfolgt. Dadurch waren die Entscheidungsgrundlagen für die Arbeitsgruppenbesprechungen und für die Projektsteuerung immer vorhanden. Raumplanung Holzemer konnte die Thematik immer so auf den Punkt bringen, dass wir sie in der knappen Zeit der Sitzung besprechen konnten.
Gibt es neben den Verbesserungen architektonischer Natur auch Nutzungserhöhungen? Ist die Nutzung mit neuen Parametern optimiert worden?
In den Wohnzonen wurde die Flexibilität der Nutzung erhöht, indem die Bebauungsziffer abgeschafft wurde. Der Fussabdruck soll nicht auch noch reguliert sein. Das Verdichtungsbestreben war eher zurückhaltend. Mit der Aufzonung entlang des Trams wurde eine gemässigte Verdichtung ermöglicht. Spezielle Grundstücke konnten mit einer Quartierplanpflicht belegt und damit die Qualität der Mitplanung erhöht werden. In der alten Regelung gab es keine Quartierplanpflicht. Wir hatten mehrheitlich Zustimmung durch die Grundeigentümer. Bestimmte Quartierpläne zielen darauf ab, nicht zu verdichten, sondern zu bewahren. Auch dort erhielten wir das Einverständnis der Eigentümer. Dies ist vielleicht nicht in jeder Gemeinde so möglich.
«Die Akzeptanz von Hochhäusern ist in Arlesheim gering. Die Gemeinde muss langsam wachsen.»
Wie sind Sie mit der Thematik Hochhaus umgegangen? War das ein Kapitel der Revision?
Im Rahmen der normalen Zonenvorschriften war dies kein Thema. Ein Hochhaus erfordert ein Quartierplanverfahren. Wir wussten im Vorfeld, dass der Kanton in seinem Hochhauskonzept für den Bereich der Schappe-Wohnsiedlung ein Hochhaus-Cluster vorgesehen hatte. Dem kommt entgegen, dass wir den betreffenden Bereich in Neu-Arlesheim mit einer Quartierplanpflicht belegt haben. Aktuell läuft dort eine Testplanung, innerhalb welcher die Thematik Hochhäuser und höhere Häuser abgehandelt werden können. Die alten Vorschriften sahen maximal vier Geschosse im Bereich der Talstrasse vor. Mittels der Quartierplanung kann nun davon abgewichen werden.
Die Betrachtung ist also punktuell.
Genau. Die Thematik Hochhaus hat keinen hohen Stellenwert. Die Akzeptanz von Hochhäusern ist in Arlesheim gering. Die Gemeinde muss langsam wachsen.
Aktuell läuft eine Testplanung für das Areal Postplatz, bei welcher Sie von unserem Team fachlich unterstützt werden. Welche Ergebnisse erwarten Sie von dieser Planung?
Die Gemeinde hat dort vor 6 Jahren zwei ältere Häuser übernommen. Dies soll das Filet-Stück der Entwicklung der Gemeinde Arlesheim sein. Die Testplanung soll aufzeigen, was an dem Ort möglich ist: Wie stark soll an diesem zentralen Ort verdichtet werden? Welche Funktionen sollen dort ermöglicht werden? Ein Teil davon befindet sich unter Schutz. Die Planung soll sensibel reagieren und nicht renditegetrieben sein.
Ist der Bedarf an Wohn- und Geschäftsflächen höher als in kleineren Gemeinden?
Die Nachfrage nach Flächen für Wohnen im Alter ist enorm.
Kleinere Gemeinden hingegen laufen wahrscheinlich eher die Gefahr, dass ihre Dorfkerne aussterben…
Ja, da besteht ein grosser Unterschied. Die Lebendigkeit des Dorfkerns steht und fällt mit dem Gewerbe. Die Frage ist, wie das Gewerbe sich erhalten und weiterentwickeln kann. Wie sind die Geschäfte erreichbar? Der Verkehr und die Parkplätze sind ein Riesenthema. Die Wohnbevölkerung auf der anderen Seite stösst sich an der andauernden Verkehrszunahme. Die grosse Aufgabe besteht darin, bei der Problematik einen Konsens zu finden. Das diversifizierte Angebot des Kleinhandels soll nicht geschmälert werden. Es braucht nicht zehn Boutiquen. Das Kleingewerbe im Stadtkern Burgdorf beispielsweise leidet extrem unter den grossen Shoppingzentren in nächster Umgebung. Die Geschäfte sind ausgeblutet, die Nachnutzung ist unklar. Erdgeschosse eignen sich nicht zum Wohnen. Laute Nutzungen wie Discos vertragen sich nicht mit den Wohnnutzungen oberhalb. Das Ergebnis ist das Aussterben einer Altstadt. Der Arlesheimer Industrie- und Gewerbeverein und die Behörden arbeiten sehr stark zusammen, um dem vorzubeugen.